Innovation als Wachstumsmotor

von | Okt 11, 2016

Interview mit Dr. Peter Klausmann und dem Interim Management Provider Bridge-Imp.

Wie sieht eine zukunfts- und innovationsfähige Organisation aus?

Innovation nur mit technischen Neuentwicklungen in Zusammenhang zu bringen, ist eine zu enge Sichtweise, denn eigentlich ist Innovation nur ein anderes Wort für den permanenten Veränderungsprozess, der unser ganzes Leben bestimmt. Schon vor 2500 Jahren haben die Buddhisten die Unbeständigkeit als grundlegende Eigenschaft unserer Welt festgestellt.Die Unternehmen wissen darum und versuchen, sich den sich ständig verändernden Bedingungen so gut es geht anzupassen. Eine zukunftsfähige Organisation muss also vor allem flexibel und in der Lage sein, auf kurz-, mittel- und langfristige Änderungen angemessen zu reagieren. Lösungsansätze sind z.B. im Personalbereich die Einführung von Zeitverträgen, Leiharbeit, flexiblen Tarifverträgen oder Arbeitszeitkonten. Im Technologiebereich sind es verstärkte Forschung und die kontinuierliche Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen.

Wie erkennen Unternehmen frühzeitig die Trends, die ihr Business beeinflussen?

Viele Innovationen verändern die Welt radikal. Aber es dauert auch relativ lange, bis sie sich durchsetzen. Gut fokussierte Unternehmen haben in der Regel ausreichend Zeit, darauf zu reagieren. Die Eisenbahn hat die Welt verändert, sie wurde aber nicht von einem Tag auf den anderen flächendeckend eingeführt. Wer aufmerksam ist, d.h. einen intensiven Austausch mit seiner Zielgruppe bzw. seinen Kunden pflegt und auf den Wettbewerb achtet, kann die Trends meist gut herausarbeiten. Je diversifizierter ein Unternehmen aufgestellt ist, desto größer die Gefahr, eine wesentliche Entwicklung zu übersehen. Je größer die Spezialisierung auf ein Produkt, ein Kundenproblem oder eine spezifische Zielgruppe, desto einfacher ist es, die Trends frühzeitig zu ermitteln.

Welches sind die Innovationstrends der nahen Zukunft im Mittelstand?

Der Mittelstand ist ein weitläufiger Begriff, je nach Definition umfasst er den größten Bereich unserer Wirtschaft. Insofern unterscheiden sich die Innovationstrends hier nicht so sehr von den allgemeinen Trends. Diese lassen sich in eher technische und in eher gesellschaftliche Innovationen einteilen, wobei erstere oft Auslöser für gesellschaftliche Veränderungen sind. Zu den wichtigsten Trends gehören sicherlich die sozialen Medien wie Facebook, Google+, XING, usw. Deren weltweite Verbreitung und Nutzung führt nicht nur im Kaufverhalten zu Veränderungen, sondern beeinflusst auch das Marketing, die Markenbildung, die Kommunikation und die Kundenakquise. Leider herrscht in der heutigen Führungsgeneration gerade in kleineren und mittelständischen Unternehmen noch große Unsicherheit über den Umgang mit den neuen Medien.

Wer funktioniert in unserer globalen Gesellschaft als Innovationsgenerator?

Da sehe ich Technologie-Start-ups, die von jungen, gut ausgebildeten Leuten gegründet werden, als größten Antriebsmotor. Engagierte Menschen, die den Willen und das geistige Potenzial haben, neue Ideen zu realisieren. Dazu braucht es umfassende Investitionen in Bildung und in Forschungseinrichtungen, sowie einen breiten gesellschaftlichen Rückhalt. Daran mangelt es hierzulande noch, da der Unternehmerberuf tendenziell negativ besetzt ist. Anders als in den USA steht in Deutschland darüber hinaus zu wenig Risikokapital bereit.

Wie entwickelt man im Unternehmen eine „Innovationskultur“?

Indem man dem Kunden sehr genau zuhört. Innovationsideen zu generieren ist eigentlich eine Aufgabe des Vertriebs. Ein guter Vertriebsmann verkauft nicht nur die Produkte seines Unternehmens, sondern denkt auch daran, welche Produkte er morgen braucht, um weiterhin erfolgreich zu sein. Darüber hinaus gibt es viele Programme der Bundesregierung zur Förderung (technischer) Innovationen. Eines der bekanntesten ist das ZIM-Programm (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand), ehemals PROINNO. Damit werden technische Entwicklungen mit einem hohen Entwicklungsrisiko finanziell unterstützt. Weitere Programme gibt es u.a. über das BMBF, mit denen meist Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Universitäten unterstützt werden. Nicht zuletzt ist Innovationsdenken eine mentale Haltung, die aktiv im Unternehmen verankert werden muss. Eine innovative Kultur fördert die Mitarbeiter im Querdenken, Probieren und in ihrer Kreativität. Dazu sind mittelständische Unternehmen meist besser in der Lage als große Konzerne mit oft sehr starren Strukturen.

Was sind die entscheidenden Triebfedern für Innovationsprozesse in Unternehmen?

Spaß an der Arbeit, Freude am Entdecken von neuen Dingen und Lösungen, die als „cool“ empfunden werden. Es ist aber auch der harte wirtschaftliche Druck, der Kampf um den nächsten Auftrag oder der Wettbewerber, der einen antreibt. Oft wird auch von den Kunden ein Problem aufgezeigt, für das es noch keine Lösung gibt. Signalisiert der Kunde Bereitschaft, deren Realisierung mit einer großen Bestellung zu honorieren, dann ist das eine extrem starke Motivation. Daraus kann ein Pilotprojekt initiiert werden, in dem Kunde und Lieferant gemeinsam ein neues Produkt oder eine neue Technologie in den Markt bringen.

Wie gehen Unternehmen sinnvoll mit dem Scheitern bei Innovationsprojekten um?

Innovationsprojekte scheitern eher selten. Und auch ein Scheitern ist besser als ein Verzicht auf Innovation, denn das bedeutet den sicheren Tod des Unternehmens. Allerdings sieht die Innovation am Ende immer völlig anders aus als am Anfang des Prozesses gedacht. Eine lineare Planung ist bei Innovationsprozessen oft nicht der richtige Ansatz. Bei Softwareprojekten hat man das längst erkannt, indem man vom starren V-Modell zum agilen, also mehr iterativen Projektmanagement gewechselt hat.

Welche Personen treiben Innovationen voran? Gibt es einen bestimmten Managertyp?

Eine gute Charakterskizze ist der klassische Seniorchef einer schwäbischen Maschinenbau- oder Softwarefirma, mittelständig geprägt, nahezu unbekannt und gleichzeitig Weltmarktführer, ein „Hidden Champion“. Dieser weiß genau, was Innovation bedeutet, auch ohne eine genaue Definition des Wortes zu kennen. Denn: Innovation ist immer auch Chefsache. Ein Manager, der sich nur für die Unternehmenszahlen und nicht für die Innovation und somit für den zukünftigen Kundennutzen interessiert, ist ein Problem. Gerade Firmen, die durch externe Finanzinvestoren getrieben werden, neigen häufig dazu, die Finanzzahlen wichtiger zu werten als die Innovation. Es ist aber umgekehrt: Nur mit innovativen Produkten und Dienstleistungen lassen sich gute Zahlen erzielen.

Wie stellen Unternehmen sicher, dass Innovationen erfolgreich umgesetzt und auf den Markt gebracht werden? Wer oder was unterstützt den Prozess?

Oft wird die Innovation mit Pilotkunden ausprobiert, die zu Experimenten gemeinsam mit dem Lieferanten bereit sind (sogenannte „early adaptors“). Denn der Einsatz einer neuen Lösung (wenn auch noch nicht ausgereift) entspricht oft der Innovationsstrategie sowohl des Kunden als auch des Lieferanten. Daraus entstehen dann echte Geschäftspartnerschaften: Der eine liefert die technische Innovation (Algorithmen, neue Maschinen, neue Verfahren) und der andere das Umfeld, um diese im echten Betrieb zu erproben. Davon profitieren beide.